Wenn Emotionen nun also der Ausführung des ersten Teils nach der Antrieb des Menschen sind, so kann es für den Zweck dieser Artikel-Reihe dienlich sein, Emotionen ein wenig näher zu kommen.
Verschiedene Emotionen gibt es – abhängig von dem Neurowissenschaftler den man fragt – viele. Wir begnügen uns hier mit der Bewertung einer Emotion als „positiv“ oder „negativ“. Freude ist zum Bespiel positiv, Trauer negativ. Das ist einfach.
Oder? Nein, ist es nicht!
Trauer kann entgegen der allgemeinen Behauptung, es sei eine „negative“ Emotion, für den/die Betreffende/n durchaus auch eine positive Bedeutung haben.
Die Trauer über den Tod eines lieben Menschen wird in einigen Kulturen zum Beispiel als positiv betrachtet; die Trauer äußert, wie wichtig einem der Mensch war und aufgrund der kulturellen Erziehung steht nicht der Schmerz ob des Verlustes im Vordergrund; wohl aber die Freude darüber, dass der geliebte Mensch nun in Frieden ruht.
In gewisser Form verhält es sich bei Masochisten ähnlich, da sie Schmerz als positiv empfinden.
Trauer ist also nicht gleich negativ; genauso wenig ist es Schmerz, Wut, Neid oder Ähnliches. Wir dürfen keine Emotion als bedingungslos positiv und bedingungslos negativ betiteln; viel mehr müssen wir für uns selbst individuell entscheiden, ob diese oder jene Emotion eine positive BEDEUTUNG für uns hat. Und so kann der Tod eines lieben Menschen für den Einen eine emotional positive Bedeutung haben, für den Anderen aber gleichzeitig eine emotional negative.
Es kommt also anscheinend auf die Bedeutung einer Emotion für das Individuum an.
Hinzu kommt, dass es von Mensch zu Mensch Unterschiede zu geben scheint, welche Emotion routinemäßig von welchem Ereignis/welcher Handlung ausgelöst (auch: „getriggert“) wird.
Jemand aus reichen Verhältnissen hat es beispielsweise nie „gelernt“, sich über einen Stundenlohn von 8,50€ zu freuen; für jemanden aus ärmlichen Verhältnissen ist die Einführung des Mindestlohns vielleicht das Ereignis des Jahres. Ein und dasselbe Ereignis kann also abhängig vom Hintergrund, Wertesystem, Fokus o.Ä. des beeinflussten Menschen zu positiven oder auch negativen Emotionen führen.
Ein Student, der nur die besten Noten gewohnt ist, wird sich über eine 3 (befriedigend) nicht wirklich freuen, der unterdurchschnittliche Student jedoch schon.
Ein leicht reizbarer Mensch wird durch eine Störung von außen bei seiner konzentrierten Arbeit wohl viel Wut verspüren, ein spiritueller Yoga-Lehrer wird sich dagegen selbst in seinem Innersten nicht aus der Ruhe bringen lassen.
Und so freut man sich vielleicht – auch wenn man eine gewisse Form der Trauer ob des Verlustes spürt – in gewissen Kulturkreisen auch über den Tod eines lieben Menschen, weil man es nunmal so „gelernt“ hat.
Wir schlussfolgern, dass Ereignisse bei unterschiedlichen Menschen zu unterschiedlichen emotionalen Reaktionen führen. Dies kann mit dem Hintergrund, dem Wertesystem, der Erziehung, der Kultur, dem Fokus, der Erwartungshaltung o.Ä. des Menschen zu tun haben. Währenddessen ist auch die Bedeutung einer Emotion von Individuum zu Individuum unterschiedlich.