In den beiden vorherigen Artikeln (TEIL 1 & TEIL 2) sind wir erstens zu der Annahme gekommen, dass Emotionen die grundlegendste Basis jeglichen menschlichen Handelns ist und dass dieselben Ereignisse nicht bei jedem Mensch die gleichen Emotionen hervorrufen. Zudem ist Trauer nicht immer negativ; genauso wie Freude nicht immer eine emotional positive Bedeutung haben muss.
Was heißt das jetzt genau?
Wenn das Ziel des Menschen die Maximierung von positiven Emotionen ist und die in Reaktion auf ein Ereignis entstehende Emotion ihren Ursprung nicht im Ereignis selber, sondern im betreffenden Menschen und seinen Einstellungen, Werten etc. begründet, so stellt sich die Frage, ob man dann nicht einfach allen Ereignissen eine Emotion mit positiver Bedeutung für sich selbst „zuweisen“ kann.
Egal was passiert, man könnte mit einer positiven Emotion darauf reagieren. Wenn man in einer Kultur aufgewachsen ist, die sich über den Tod freut, wenn man dazu erzogen wurde, sich über die kleinen und großen Dinge im Leben zu freuen, wenn man in einer Gesellschaft lebt, die eine negative emotionale Beeinflussung durch die Probleme dieser Welt nicht zulässt, so hätte man doch eigentlich ein schönes Leben, oder?
Eigentlich ja.
Uneigentlich eher nicht.
Wenn wir mit einem pazifistischen Wertesystem auf die Kriege unserer Erde schauen, so können wir nicht einfach von einem auf den anderen Tag unsere grundlegenden Werte ändern
Versuch mal, Dich als längjährige/r Anhänger/in eines Sportclubs über eine Niederlage Deines Teams zu freuen. Das kann man noch so oft üben, das funktioniert nicht.
Versuch als westlich erzogener und aufgewachsener Mensch mal, einen großen positiven Aspekt im Tod eines lieben Mitmenschen zu sehen. Das kann man noch so sehr versuchen, das geht nicht.
Und lass mich eines feststellen: Das ist auch gut so. Unser Wertesystem hat genauso wie unsere Einstellungen auch einen Existenzgrund. Das kann die Erziehung sein, die wir genossen haben, die Kultur, in der wir aufgewachsen sind oder einfach das Umfeld, das uns in unserer Kindheit geprägt hat. Und vor allem ist der Existenzgrund unserer Werte und Einstellungen, DASS WIR UNS SELBST DAMIT GUT FÜHLEN.
Und hier wird’s knifflig: Fühle ich mich mit einem pazifistischen Wertesystem in einer Welt voller Kriege wohl? Nein. Es entsteht aufgrund meines Wertesystems also das Gefühl der Trauer; eine Emotion mit negativer Bedeutung für mich.
Fühle ich mich mit dem Wert: „Kriege und Gewalt sind doch voll in Ordnung“ wohl? Noch weniger. Ich entscheide mich also für das geringere Übel: Ich bin zwar mit der Situation unzufrieden, meine Überzeugung vom Pazifismus steht aber meinem Denken über den Wert des menschlichen Lebens nicht im Wege.
Habe ich den ganzen langen Text jetzt gelesen, um festzustellen, dass ich an meinen Werten festhalten soll, weil ich sie ja aus einem bestimmten Grund habe?
Um ehrlich zu sein: Jein.
Es gibt leider wahnsinnig viele menschliche Werte und Einstellungen, die einen einzigen Existenzgrund haben: Sie haben irgendwann in der Vergangenheit mal einen Zweck erfüllt, der jetzt nicht mehr da ist. Sie existieren nur weiter, weil sie irgendwann mal nötig waren und nie hinterfragt und dann konsequent entsorgt worden sind.
Ein Beispiel: Ein Mann möchte Comedian werden und stellt sich auf eine Bühne, um sein Programm vorzutragen. Niemand lacht.
Die Einstellung „ich bin kein guter Comedian, weil ich nicht witzig bin“ erhält in seinem Kopf Einzug. Wer weiß, ob die Zuschauer nicht einfach alle einen schlechten Tag hatten? Oder sein Humor einfach gerade nich zeitgemäß ist, dafür in 5-10 Jahren aber der Brüller sein wird? Die Schlussfolgerung „das Publikum fand mich heute nicht witzig“ ist die einzig logisch konsequente auf so einen miesen Auftritt, wird aber selten gemacht. Stattdessen landet „ich bin kein guter Comedian, weil ich nicht witzig bin“ viel leichter im Gehirn.
Warum das so ist, ist nicht Thema dieses Artikels, was aber Thema ist, ist folgendes:
Hinterfrage Deine Einstellungen und Werte! Wie viel Altlast trägst Du an Glaubenssätzen mit Dir herum, die ausschließlich Emotionen mit negativer Bedeutung für Dich in Dir auslösen?
Nur weil die Bahn zu spät kommt, musst Du nicht wütend werden. Du kannst Dich in aller Ruhe hinsetzen und Dein Buch lesen, in Deine Zeitung schauen, oder was auch immer anderes Sinnvolles tun. Es ist nicht die Situation, die uns machtlos unsere Emotionen aufzwingt. Es sind einzig und allein unsere Einstellungen, die uns auf die Palme bringen. Oder auch nicht. Oder die uns ein Lächeln auf’s Gesicht zaubern und mit einem „Shit happens“ das Beste aus der Situation machen.
1 Comment
Du drohst Dich ja gut durch und rein ins Menschliche :-))