Morgens, 6 Uhr. Der Wecker klingelt. Wir stehen auf, ziehen uns an, frühstücken, fahren zur Arbeit und arbeiten. Um Geld zu verdienen, um Spaß zu haben oder auch nur um nicht gekündigt zu werden. Wir gehen den Weg zur Arbeit, um ein Ziel zu erreichen; genauso, wie wir Sport machen, um uns gut zu fühlen. Oder wir schauen fern, um zu entspannen, wir schlafen, um uns zu erholen oder nehmen am Wochenende morgens den Weg zum Bäcker auf uns, um Brötchen zum Frühstück zu haben. Es scheint, als täten wir alles aus einem bestimmten Grund, um einen Zweck zu erfüllen.
Und dem entgegen steht der so oft zitierte Ausspruch Konfuzius’, der da lautet: “Der Weg ist das Ziel.” Wie passt dieses weltbekannte Zitat mit den anscheinend widersprechenden Erfahrungen, die wir in unserem Alltag machen, zusammen? Was könnte Konfuzius mit seinem Ausspruch wirklich meinen?
Nehmen wir die vorliegende deutsche Übersetzung des chinesischen Philosophen auf logischer Ebene wörtlich, so soll “Der Weg” dem “Ziel” entsprechen.
Was ist der Weg? Der Weg ist eine Tätigkeit oder Ähnliches, die wir anstrengen. Einen Weg kann man gehen, fahren oder man kann sich auf ihm bewegen, indem man schreibt, sich selbst herausfordert oder neue Dinge lernt. Dabei wird der Weg wohl immer einen Anfang, muss allerdings kein definiertes Ende haben. So mag der Wanderweg über die Alpen zwar eines haben; doch die individuell beschrittene Alpenüberquerung wird des Wanderers Weg für immer zeichnen und bleibt im Nebel der Zukunft verborgen.
Was ist das Ziel? Lateinisch “finis”. “Finis” als Gegenteil von “infinis”; unendlich. Ein Ziel stellt das Ende eines Weges dar und nimmt ihm seine Unendlichkeit.
Wenn wir Konfuzius nun wortwörtlich folgen, so soll der Weg, dessen Eigenschaft die Unendlichkeit ist – solange wir ihm kein Ziel anfügen – genau dieses Ziel sein.
Mathematisch logisch also Weg = Ziel.
In Bezug auf die obigen Beispiele hieße das, dass das morgendliche Ziel am Wochenende der Weg zum Bäcker ist; nicht aber die Brötchen am Frühstückstisch. Dabei jedoch mal Hand auf’s Herz: Wer kann schon von sich behaupten, dass er ohne die Motivation der Backwaren morgens das Haus verlassen würde, wenn er sich auch so an den Frühstückstisch setzen könnte? Vermutlich die wenigsten.