Einige schlaue (Neuro-)Wissenschaftler haben vor einiger Zeit herausgefunden, dass sich die Zahl der Übungsstunden, die man braucht, um eine Tätigkeit wirklich gut beherrschen zu können, auf ungefähr 10.000 beläuft. Wo diese Zahl jetzt genau herkommt, soll nicht Gegenstand dieses Artikels sein (wer dennoch interessiert ist, der sei an dieser Stelle weitergeleitet an: http://ze.tt/kann-jeder-in-10-000-stunden-zum-wunderkind-werden/ ). Die Annahme allerdings, dass man zum Perfektionieren einer Tätigkeit (sei es das Spielen eines Musikinstrumentes, eine sportliche Fähigkeit oder Ähnliches) ungefähr 10.000 Stunden braucht (ja, sicher einige mehr und andere weniger), führt zu einer sehr interessanten Rechnung: Wenn man von dem doch herausfordernden – aber möglichen – Übungspensum von 3 Stunden pro Tag (Montag bis Freitag) ausgeht, ergibt sich:
3 Stunden x 5 Tage = 15 Stunden/Woche
15 Stunden x 52 Wochen = 780 Stunden/Jahr
13 Jahre x 780 Stunden = 10.140 Stunden
Wir brauchen also bei oben genanntem Arbeitspensum ca. 13 Jahre, um eine Fähigkeit zu perfektionieren, beziehungsweise ungefährt 10 Jahre, wenn wir am Wochenende auch 3 Stunden üben. Bei einer Lebensspanne von ungefähr 80 Jahren (Kindheit und erschwertes Lernen im hohen Alter mal nicht eingerechnet) können wir uns also theoretisch 6 verschiedene Dinge bis zur Perfektion aneignen.
Das ist an sich schonmal ganz toll und schön, wenn man sich aber überlegt, dass man es praktisch niemals hinbekommt, jeden Tag über 13 Jahre ein und dasselbe Tätigkeit zu üben, stellt man schnell fest, dass sich Theorie und Praxis hier schwer vereinbaren lassen. Die Arbeit und der Alltagsstress sind häufig Argumente gegen die realistische Bewährung dieser Rechnung.
Dann schauen wir uns zum Vergleich doch mal die durchschnittlichen Arbeitszeiten in Deutschland an und rechnen diese auf ein Jahr hoch:
8 Stunden x 5 Tage = 40 Stunden/Woche
40 Stunden x 52 Wochen = 2.080 Stunden/Jahr
5 Jahre x 2.080 Stunden = 10.400 Stunden
Arbeitszeit – wohl gemerkt von vielen Menschen nicht gerade geliebte LEBENSzeit – erreicht bereits innerhalb von 5 Jahren den ominösen Wert von 10.000 Stunden. Seltsam. Und da ist der Weg zur Arbeit (bei einer Stunde für Hin- und Rückfahrt zusammen sind das über 5 Jahre übrigens 1.050 Stunden) noch gar nicht miteingerechnet.
Wie wäre es also, wenn man einen Beruf hätte, der gleichzeitig dem Zweck des Berufes in unserer Gesellschaft – dem Geldverdienen – nachkommt und uns in gewisser Form auch weiterbildet? Das muss ja gar nicht für die ganzen 8 Stunden am Tag gelten, aber könnten wir sagen wir die Hälfte unserer Arbeitszeit über etwas bei unserer Arbeit lernen, so würde das den erwünschten Lernprozess um ein Vielfaches steigern und beschleunigen.
Stattdessen sehe ich Menschen, die ihren Kopf morgens um 8 Uhr auf Autopilot stellen, um ihn gegen 17 Uhr wieder aus der Versenkung zu holen, um kurz etwas zu essen und sich vor dem Fernseher entspannen zu müssen, weil „der Arbeitstag ja so anstrengend war“. Das ist mit dem Bild des sich biologisch immer weiterentwickelnden und wissbegierigen Menschen schwer vereinbar.
Ich möchte aus den oben vorgestellten Zahlen hier keine allgemeingültigen Schlussfolgerungen ziehen, da wir uns innerhalb der Gesellschaft immer mal in einer Situation befinden, in der das Geldverdienen nunmal das Wichtigste ist, um (mit einem gewissen Lebensstandard) zu überleben und meine letzte Absicht ist es, hartarbeitende und dennoch geringverdienende Menschen für ihre Anstrengungen zu kritisieren. Ich möchte den/die Leser/in jedoch gerne einfach mal mit diesen Zahlen alleinlassen und würde mich freuen, wenn daraus der ein oder andere Gedanke entspringt, der die Lebensbereiche „Arbeit“ und „Selbstentwicklung“ ein wenig näher zusammenbringt, da das offensichtlich ein sehr produktiver und fördernder Vorgang sein kann.
1 Comment
Du hast es mit Zahlen gesagt … die Kunst des Lebens besteht darin, die Dinge zu tun, die uns begeistern. Wenn wir mit Herzblut in die Tiefe einer Sache eintauchen, werden wir ein Meister darin, weithin sichtbar für jeden. Der Meister muss nicht für eine Produkte oder Dienste werben, die Menschen kommen wie von einem Magneten angezogen zu ihm. Unser Schul- und Universitätssystem bereit uns auf den Produktionsprozess der Industriegesellschaft vor, nicht darauf, das wir unsere innere Meisterschaft leben und anderen mit deren Ergebnissen beglücken können.